Einsatz im Flutgebiet - ein Erfahrungsbericht
Neckar-Odenwald-Kreis | Am Donnerstag, 15.07.2021, kam gegen 22.30 Uhr die erste Anfrage für einen Hochwasser-Zug aus dem Neckar-Odenwald-Kreis, der in die Flutgebiete in Rheinland-Pfalz geschickt werden sollte.
Gemäß der Vorgaben des Innenministeriums sollte dieser Hochwasser-Zug aus einem Kommandowagen (KdoW, Landratsamt), einem Rüstwagen mit Mannschaftstransportwagen (RW und MTW, Mosbach), einem Löschgruppenfahrzeug Katastrophenschutz (LF-KatS, Neunkirchen) sowie einem Gerätewagen Logistik (GW-L, Buchen) bestehen. Bereits am nächsten Morgen gegen 7.30 Uhr standen die geplanten Kräfte fest und bereiteten sich auf dem für 48 Stunden angesetzten Einsatz vor. Hierfür wurde das entsprechende Material organisiert, sowie die wichtigen Gegenstände des täglichen Bedarfs gerichtet. Da nicht klar war, ob es vor Ort eine halbwegs intakte Infrastruktur geben würde, war hier von Toilettenpapier über Trinkwasser bis hin zur Verpflegung für drei Tage alles dabei. Während die Einsatzkräfte mehr oder weniger auf gepackten Koffern saßen, warteten die Verantwortlichen des Landratsamtes weiter auf die offizielle Anforderung aus Rheinland-Pfalz. Als bereits keiner mehr dran geglaubt hatte, traf diese am Sonntag kurz vor Mitternacht ein.
Gleich am nächsten Morgen um 7 Uhr wurden die Kräfte mobilisiert und die Fahrzeuge beladen. Statt des RW aus Mosbach wurde das Wechselladerfahrzeug (WLF) aus Neckarelz/Diedesheim mit einer Mulde sowie ein Radlader des Mosbacher Bauhofes angefordert. Ein herzliches Dankeschön gilt hier der Mosbacher Firma INAST sowie der Firma Vogel aus Waldbrunn für die kurzfristige und unbürokratische Überlassung einer Schuttmulde sowie eines Transportanhängers für den Radlader.
Bereits kurz nach 10.30 Uhr ging es für den ersten Teil des Zuges nach Aglasterhausen. An der Festhalle wartete das LF-KatS aus Neunkirchen bereits auf die restlichen Fahrzeuge. Nach einer kurzen Verabschiedung der Kräfte durch Landrat Dr. Achim Brötel sowie Kreisbrandmeister Kirschenlohr verabschiedete sich der Zug nach Bruchsal in die Landesfeuerwehrschule. Dort wurde der Zug mit drei weiteren Zügen zu einem Konvoi zusammengestellt. Kurz nach 13 Uhr ging es für die 32 Einsatzfahrzeuge sowie 107 Einsatzkräfte auf den Marsch in den Bereitstellungsraum am Nürburgring.
Am frühen Abend traf der Verband ohne zeitliche Verzögerung an der Meldestelle ein. Von hier aus ging es in den Bereitstellungsraum. Im ersten Moment war sicher jeder überfordert. Unzählige Einsatzfahrzeuge aller Hilfsorganisationen sowie der Bundeswehr standen abfahrbereit in Reih und Glied. Während Einheiten in die Einsatzgebiete ausrückten, trafen Kräfte von dort ein, um zu pausieren. Auf dem Streckenteil nach der Startampel hatte die Bundeswehr Landeplätze für zahlreiche Transporthubschrauber eingerichtet, die in kurzen Abständen Material und Lebensmittel in die Gebiete flogen. Eigentlich lässt sich das ganz gut mit den Szenen verbinden, die man von zahlreichen Katastrophenfilmen aus dem Kino kennt.
Ab hier trennten sich die vier Züge des Verbandes, da jeder Zug ein anderes Einsatzgebiet erhalten hatte. Der Zug des Neckar-Odenwald-Kreises, mit Ausnahme des WLF, verlegte den Standort gegen 22.30 Uhr in das wenige Kilometer entfernte Adenau. Die Verbandsgemeinde (ca. 13.000 Einwohner mit 36 Teilgemeinden) wurde bei dem Unwetter ebenfalls stark getroffen. Aus diesem Grund wurde entschieden, das LF-KatS für den Grundschutz in der Gemeinde abzustellen. Dies ermöglichte es den lokalen Einsatzkräften, sich nach vielen Tagen Dauereinsatz zumindest kurzzeitig auszuruhen. Anders als von uns angenommen, wurde auch gleich die Nachtruhe unterbrochen: Gegen 3 Uhr wurden wir zu einem Scheunenbrand alarmiert. Ebenfalls kam der Hochwasserzug aus dem Landkreis Raststatt zum Einsatz. Dieser war ebenfalls als Reserve-Löschzug eingesetzt. Nach knapp zweieinhalb Stunden war der Einsatz beendet und es ging für uns zurück ins Gerätehaus nach Adenau.
Am Vormittag stand fest, dass das WLF in Verbindung mit dem Radlader nach Dorsel zur Vermisstensuche auf den dortigen Campingplatz entsandt wird. Dieser Platz bot vor der Flut 200 Stellplätze sowie einige Unterkunftsgebäude. Zur Unterstützung unserer WLF-Besatzung sowie des uns zugeordneten RW rückten hierzu auch die restlichen Mosbacher Kräfte mit dem MTW aus. Bereits auf der Anfahrt ließ sich das Ausmaß der Zerstörung erkennen: Den Campingplatz gab es nicht mehr.
Durch die Feuerwehren Mosbach, Heidelberg sowie Mannheim wurden ein Radlader sowie zwei Teleskoplader in den Einsatz gebracht. Diese unterstützten mit einem privaten Forstschlepper die händische Suche nach den bis zu sechs vermissten Personen, die durch unzählige Helfer aus dem Landkreis Miltenberg, dem THW sowie der Polizei durchgeführt wurde. Nach vielen Stunden der Suche wurden zum Abschluss in Zusammenarbeit mit dem THW die auf dem Gelände gefundenen Gasflaschen eingesammelt und sicher untergebracht.
Parallel zu dieser Einsatzstelle unterstützten die im Gerätehaus zum Grundschutz eingeteilten Kräfte aus Neunkirchen und Buchen die örtliche Feuerwehr. Aufgrund fehlender Ortskenntnis erfolgte die Abarbeitung der Aufgaben stets mit einer lokalen Einsatzkraft. So wurden zum Beispiel Schutzmasken und Desinfektionsmittel abgeholt und verteilt oder Trinkwasser in andere Teilgemeinden zur Versorgung der Bevölkerung ausgefahren. Aber auch anderen Kräften, wie z.B. dem THW, konnten auf dem kurzen Dienstweg beim Aufbau eines Zeltes geholfen werden.
Diese Aufgaben wurden am Mittwoch auch weitergeführt, bevor es gegen 13.30 Uhr für den Zug wieder Richtung Nürburgring ging. Dort warteten bereits die Kräfte mit dem WLF. Nach einer kurzen Stärkung im Bereitstellungsraum und der Kontrolle der Fahrzeuge trat der Zug um 15 Uhr den Rückweg in den Neckar-Odenwald-Kreis an. Nach einigen Stunden wurden die Kräfte durch Kreisbrandmeister Kirschenlohr sowie die Kommandanten aus Buchen, Mosbach und Neunkirchen empfangen. Nach einem gemeinsamen Abendessen trennte sich der Zug und die Kräfte rückten in ihre Gerätehäuser wohlbehalten ein.
https://www.feuerwehr-buchen.de/aktuelles/1963-einsatz-im-flutgebiet-ein-erfahrungsbericht.html#sigProId62b1521380
Text: Feuerwehr Mosbach | Bilder: Teilnehmer